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Magdalenalouise_publikation Sacha, Cicha wielkoœæ / Stille Größe.


Bände (1. Band Faksimiledruck von Louise von Krockows Rath und That zu einem Guten Werke. Ein Toilettengeschenk für Damen. Königsberg 1800; 2. Band: polnische Übersetzung der Ausgabe von 1800; 3. Band: Kommentierung von Rat und Tat (polnisch/deutsch)

 

Preis der Gesamtausgabe: 110 z³ plus Versandkosten. Sie kann nur geschlossen bezogen werden. Ein Bezug über das Westpreußische Landesmuseum ist bedauerlicherweise bisher nicht möglich.
Die Publikation kann persönlich in der Danziger Günter Grass Galerie (ul. Szeroka 37, Danzig), in die Danziger Stadtgalerie 2 (ul. PowroŸnicza 13/15, Danzig), im Schloß in Krockow/Krokowa (ul. Zamkowa 1, Krokowa), in der Buchhandlung des Verlags der Universität Danzig erworben oder per e-mail unter sklep@ggm.gda.pl bestellt werden.

 


Die Autorin Magdalena Sacha, zwischen 2001 bis 2009 (Aufbau-) Leiterin der Außenstelle des Westpreußischen Landesmuseums in Krockow und zugleich Kuratorin des örtlichen Regionalmuseums, wirkt heute am Institut für Kulturstudien der Universität Danzig.
Die Tätigkeit in Krockow war für sie ausschlaggebend, um sich intensiv mit der Familiengeschichte von Krockow zu beschäftigen. Im Zuge von Studien im Danziger Staatsarchiv stieß Magdalena Sacha 2006 auf den bis dato ungelesenen Druck Rath und That zu einem Guten Werke, herausgegeben von dem Verfasser der grauen Mappe [i. e. Johann Christian Ludwig Haken], gedruckt im Verlag Goebbels und Unzer 1800 in Königsberg. Illustriert war der Band mit 2 Kupferstichen von Daniel Chodowiecki, der fünfundsiebzigjährig ein Jahr nach dem Erscheinen der Schrift verstarb. Am Schluß der Publikation erfuhr der geneigte Leser den Namen der Verfasserin: Louise Gräfin von Krockow, gebohrne von Göppel.
Die Schrift der Gräfin behandelt das Thema Frauenbildung in Westpreußen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Louise von Krockow war für diese Thematik in besonderer Weise prädestiniert. Einerseits war sie geprägt von der Erziehung ihrer neun Kinder, hinzu kamen zwei Nichten, andererseits lastete auf Gräfin Louise eine besondere Verantwortung in der Betreuung des Gutes Krockow und seiner Zugehörigkeiten. Sie ergab sich daraus, daß ihr 16 Jahre älterer Gatte, Heinrich Joachim Reinhold Graf von Krockow, aufgrund seiner militärischen Laufbahn häufig aushäusig war.
Louises wendet sich in ihrer Schrift eingangs an Preußens edle Töchter und meint damit ihre Standesgenossinnen, ihnen erläutert sie ihr pädagogisches Vorhaben ausführlich. Sie konkretisiert dann ihren unmaßgebliche[n] Vorschlag in 18 Paragraphen. Danach fällt sie in einen Traum, der sie ihren Plan, eine Erziehungseinrichtung für Mädchen – verarmte adlige und bürgerliche junge Frauen – zu schaffen, real erleben läßt. Diesen Vorschlag erörtert sie darauf mit einem Freund, der ihr Vorhaben durchaus kritisch sieht. Louise ist schließlich davon überzeugt, ihre Pläne hinsichtlich der Erziehung und Bildung von Mädchen mit der Stiftung eines Ordens durch die Königin von Preußen für Damen adliger Herkunft realisieren zu können, und beendet ihre Überlegungen mit den Worten: Doch es wird meinem patriotischen Gefühl schwer zu glauben - daß Preußens Genius [i. e. der König] seine Töchter nicht mit Edelmuth und Menschenliebe begeistern sollte - es wird mir unmöglich an den guten Erfolg meines Vorschlags zu zweifeln. Sollte ich Recht haben, indem ich mehr hoffe als fürchte, so sey sie gesegnet, die frohe Stunde, in der ich mit meinem Plane Eingang fand!
Mit großer Detailliebe kommentiert Magdalena Sacha in dem Band Stille Größe die pädagogischen Überlegungen zur Mädchenerziehung und Mädchenbildung in Rath und That der Schloßherrin Louise. Zu bemerken ist, daß die erste Ausgabe von 1793 mit einem Vorwort von August Graf von Lehndorff-Bandels, einem Neffen des Gutsherrn in Steinort, Ahasverus von Lehndorff, nicht erhalten ist; gleiches gilt für die zweite Auflage von 1795, der ein empfehlendes Vorwort des Grafen von Lehndorff fehlte.
In der Kommentierung der dritten Auflage von 1800 behandelt Magdalena Sacha einleitend die schreibenden Frauen in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Im ersten Teil stellt sie Gräfin Louise im Kreis der Familie, als Frau und Mutter, als verantwortliche Schloßherrin, als Theaterliebhaberin und Parkgestalterin vor. Der zweite Teil ist ganz wesentlich August Graf von Lehndorff-Bandels, dem Pastor und Wissenschaftler – und zugleich Herausgeber der dritten Auflage – Johann Christian Ludwig Haken und dem Künstler Daniel Chodowiecki gewidmet. Abgeschlossen wird dieser Teil mit dem Krockower Hauslehrer und Philosophen Johann Gottlieb Fichte.
Der dritte Teil erörtert die pädagogischen Ideen der Louise von Krockow im Aspekt ihrer Epoche. Die Behandlung der Ideen der Gräfin zur Erziehung und Bildung verarmter adliger wie auch bürgerlicher Mädchen hätte gern eine ausführlichere Behandlung erfahren dürfen. Zu hoffen ist, daß Magdalena Sacha diesen Punkt zu einem späteren Zeitpunkt vertiefen wird. Die Übersetzung des Textes ins Deutsche von Angelika Fuks ist hervorragend gelungen. In einer möglichen Neuauflage gibt es nur ganz wenige Passagen nachzubessern (so etwa S. 150 ein Verzeichnis der Krokower Güter in Krockower Güter oder S. 184 … Landesschule für Jungen in Pforte in Pforta).
Besonderes Geschick und Engagement zeigte die Gräfin 1782 bei der Ersteigerung der Krockowschen Güter, die unter den Vorbesitzern in Konkurs geraten waren. Mit Genehmigung ihres Mannes trat sie auf der Auktion gegenüber dem Mitbieter, dem Landrat von Below, auf. Es gelang ihr letztlich, der Gutsbesitz Krockow mit 46.650 Reichstalern zu ersteigern.
Mit dem siebzehn Jahre jüngeren Casimir Eckbert Theodor von Brauneck ging die Gräfin ein Jahr nach dem Tode ihres ersten Gatten Reinhold 1797 eine neue Ehe ein. Ihr Sohn Carl, der Familienchronist (seine Aufzeichnungen liegen vor und befinden sich heute im Familienarchiv Ulrich Graf von Krockows in Föhren, und es wäre sicher von Interesse, Carls Erinnerungen zu veröffentlichen), kommentiert die Heirat seiner Mutter mit Schrecken: Es schien mir bey dieser Anwesenheit daß meine Mutter ihren Witwenstand nicht lange conserviren wolle - Ein junger Mann in der Nachbarschaft der Sohn des G[ra]fen v. Brauneck war so dreist ihr den Hof machen - Kurz die folgen davon waren, daß meine Mutter welche etwa 48 Jahr alt war ein Jahr später als mein Vater verstorben, ihre theure Hand diesem jungen Menschen von 27 Jahren verschenkte. Sie kränckte zwar ihre Kinder dadurch daß sie ihnen einen Stief Vater gab den sie seiner Jugend pp ihre Achtung nicht widmen konten - satisfacierte sich aber auch nicht selbst in der Fortsetzung dieser Ehe - obgleich ich gestehen darf daß H. v. Brauneck, welcher gantz arm war u[nd] nur aus Speculation diesen Schritt thun konnte, meine Mutter mit Achtung Dankbarkeit behandelt hat…
Nach der Ersteigerung des Krockowbesitzes widmete sich die Gräfin in den folgenden Jahren dem Umbau des Schlosses; dazu gehörte auch ein Theatersaal, in dem zahlreiche Aufführungen stattfanden, u. a. Stücke des genialen Schriftstellers August Graf von Lehndorff-Bandels. Auch der Errichtung einer englisch geprägten Parkanlage (noch heute erinnert die Eulenschlucht mit den Resten eines Fichte-Denkmals daran) galt die Fürsorge Louises.

2015
zeigte das Regionalmuseum Krockow in seiner von Gra¿yna Patryn in Szene gesetzten Ausstellung Auf den Spuren von Louise zahlreiche Ausschnitte aus dem Leben Louises Gräfin von Krockow, die in der Kommentierung von Magdalena teils intensiv angesprochen werden. Dazu gehörten Abbildungen zahlreicher Publikationen nicht nur Louises, sondern ein Goethe-Brief Louises, in dem sie bei dem Dichter – beginnend mit der Anrede Erhabener Deutscher Mann – um Unterstützung für eine ihrer Theateraufführungen in Krockow nachsucht. Auch ein Gestaltungsplan für die geplante Parkanlage befand sich unter den Exponaten. Man darf es als Versäumnis betrachten, daß diese Exposition nicht ihren Weg in das Westpreußische Landesmuseum fand. Manch ein Besucher des Museums hätte seine rudimentären Kenntnisse über Westpreußen auffrischen können.
Geistreich und anregend hat Magdalena Sachas die Schrift Rath und That Louises Gräfin von Krockow mit den hier vermittelten Erziehungs- und Bildungsgrundsätzen kommentiert. Es gäbe noch vieles Weitere zu berichten. Jedoch sei abschließend Magdalena Sacha aus ihrem Kommentar Stille Größe zitiert (S. 210f.):
Das Werk der Louise von Krockow ist kein „revolutionäres" Traktat in dem Sinne, daß es nicht eine neue emanzipierte Idee der Frau der Aufklärung propagiert. Doch ist es ein tief humanistischer, sich auf das Christentum stützender und aus dem Gebot der Wohltätigkeit folgender Versuch, ein Bildungsprogramm zu schaffen, das Mädchen ermöglicht, ihren Platz zu finden in der Gesellschaft der Aufklärung in anerkannten Rollen einer Mutter, Ehefrau, Lehrerin oder/und Hausdame.
Beide Geschlechter, Jungen als auch Mädchen, sollten, so die Verfasserin, im Einklang mit dem Ethos der Pflicht und des Patriotismus gegenüber dem Staat erzogen werden. Diesem Streben, nützliche Mitglieder der staatlichen Gemeinschaft zu werden, sollte eine pragmatische und vielseitige für beide Geschlechter zugängliche Bildung dienen.